Charaktererstellung in Baldur’s Gate 3: Einschränkungen und Wünsche

Im Charakter-Editor war Samara anfangs ratlos. Es fehlten ihr einige Einstellungsmöglichkeiten für Details.
Samara tauchte vor knapp 20 Jahren zum ersten Mal in ein Baldur’s Gate-Spiel ein. Es war der zweite Teil und er faszinierte sie so sehr, dass sie kaum vom PC wegzukriegen war. Das lag nicht nur an der düsteren Stimmung, sondern vor allem daran, dass sie vorher noch kein Videospiel erlebt hatte, das so stark auf die Handlungen ihres Charakters reagiert. Als sie beim Aufnehmen der “falschen” Person in ihre Gruppe von Begleitern zuerst gewarnt und dann verlassen wurde, war das ein echtes Aha-Erlebnis. Genau wie zu sehen, dass es möglich ist, einen dunklen, bösen Pfad einzuschlagen. Gleichzeitig machte sie damals auch ihre ersten Schritte in P&P-Abenteuern. Baldur’s Gate 3 spielt Samara aufgrund dieser Erinnerungen und der Storys, die sie bereits von ihren Kollegen gehört hat, wie beispielsweise Raes Unterwäsche-Odyssey.
Erster kleiner Dämpfer im Editor
Als ich mit der Charakter-Erstellung losgelegt habe, war ich zunächst noch begeistert; schließlich stehen ganze elf Völker, zwölf Klassen (plus Unterklassen) und viele Anpassungsmöglichkeiten für die Fähigkeiten und Herkunft meiner Figur zur Wahl. Beim Aussehen endet die Fülle an Möglichkeiten aber ganz schnell, zumindest was bestimmte Aspekte und individuelle Optionen angeht. Die erste Enttäuschung war, dass es beim Körpertyp nicht viel Auswahl gibt. Zwar kann ich bei den meisten Klassen zwischen zwei Formen pro femininen und maskulinen Körperbau entscheiden, aber egal, was ich wähle: Es bleibt bei sehr athletischen Model-Typen. Ich bin also auf Stereotypen beschränkt.
Wer eine etwas weniger durchtrainierte Figur mit beispielsweise breiter Hüfte oder einem kleinen Bäuchlein spielen will, guckt in die Röhre. Von Plus-Size oder Curvy fange ich gar nicht erst an. Was mich ebenfalls wundert: Zwar kann ich sogar Genitalien frei wählen – und zwar nicht nur Vulva oder Penis, sondern unterschiedliche “Modelle” und das auch unabhängig vom Oberkörper – aber die Brust selbst ist unveränderlich. Nun gut, erst mal ein kleiner Dämpfer, aber unter der Schurken-Kleidung, die mein Charakter anfangs trägt, ist das alles sowieso nicht so genau zu erkennen. Was dagegen in den vielen Zwischensequenzen richtig ins Auge springt, ist das Gesicht meiner Hauptfigur – und dabei habe ich gleich zwei Anläufe gebraucht, bis ich zufrieden war. Gerade hier fehlt mir die Freiheit am meisten.
Starke Einschränkungen auch beim Gesicht
Gewähltes (Unter-)Volk und Körpertyp bestimmen hier darüber, welche Gesichter ich zur Wahl habe und das sind dann meist fünf bis sieben pro maskulinen, beziehungsweise femininen Körperbau. Nach “Batoidea”, der Figur, die ich im Kopf hatte, sieht irgendwie keines aus.
Die Gesichter kommen nämlich nur in “Komplett-Ausführung”. Soll heißen: Es ist nicht mal möglich, aus unterschiedlichen Augen, Nasen oder Mündern zu wählen; auch wenn ich Kleinigkeiten wie Augenfarbe, Sommersprossen und Schminke anpassen kann. Beim ersten Versuch wählte ich daher einfach das Gesicht, das mir spontan am besten gefiel, auch wenn das wenig mit meiner ursprünglichen Vorstellung zu tun hatte. Nachdem ich von anderen Spielern gehört hatte, dass sie fünf oder sieben Stunden im Editor zugebracht haben, habe ich fest mit Schiebereglern für so ziemlich alles gerechnet: Augenbrauenhöhe, Lippenfülle, Nasenlöcher… Das ist schließlich bei RPGs, beziehungsweise Action-RPGs inzwischen längst der Standard.
Über mehr Möglichkeiten würde ich mich freuen
Nach wenigen Spielminuten war ich mit meinem Schurken so unglücklich, dass ich beschloss, am nächsten Tag noch mal neu zu starten. Obwohl mein Charakter gut aussah, entsprach er einfach nicht meinen Rollenspiel-Vorstellungen – und genau das ist bei Baldur’s Gate 3 das Problem: Ich hatte extrem hohe Erwartungen. Schließlich ist Baldur’s Gate 3 eine echte Spielwiese an Möglichkeiten, die mir im Spielverlauf so viel Freiheit wie kaum ein anderes RPG bietet. Bin ich erst mal mit der Charaktererstellung fertig, kann ich mir aussuchen, wer ich in diesem Universum sein möchte, eben wie in der Pen&Paper-Vorlage. Gerade darum habe ich auch schon beim Editor mehr erwartet.
Zum Glück habe ich es im zweiten Anlauf doch noch geschafft, einen Drow-Charakter zu erstellen, der zur Figur in meinem Kopf passte. Aber ein paar mehr Optionen würden nicht nur penible Rollenspieler wie mich freuen, sondern wären auch inklusiver. Es müssen ja nicht gleich die Schieberegler für jedes Quäntchen Haut sein, aber zumindest mal mehr Körpertypen oder eine Auswahl an unterschiedlichen Augen und Mündern würde ich mir doch wünschen. Die Freiheit, die Baldur’s Gate 3 mir beim „Schreiben meiner eigenen Geschichte“ in Faerûn bietet, bekomme ich beim Gestalten meines Charakters noch nicht.
Was sagt ihr zum Editor in Baldur’s Gate 3? Seid ihr mit den Möglichkeiten zufrieden, vielleicht gerade aufgrund der vielen Völker, Klassen oder Frisuren? Oder fehlen euch auch zusätzliche Parameter?