Auch am realistischeren Nasa-Setting von Starfield geht Cyberpunk nicht vorbei

Rollenspiele und ich, das ist ein interessantes Thema. Mich fragen Zocker-Freunde ab und zu: „Michael, wie ist das jetzt eigentlich mit dir und Cyberpunk 2077? Redet ihr wieder miteinander?“ Diese schwierige Beziehung möchte ich jetzt nicht im Detail ausführen. Die Kurzfassung: Dieses Spiel hat viele Träume in mir geweckt und nur die wenigsten davon erfüllt.
Einer dieser nicht erfüllten Träume betrifft die Lebenswege in Cyberpunk 2077. Das Marketing prophezeite: „Uhh, du kannst einen gesetzlosen Nomaden spielen, der die Außenlanden unsicher macht. Oder ein raffiniertes Street Kid, das sich in der Stadt durchschlagen muss. Oder einen kühlen Konzerner, für den Menschenleben auch nur irgendwelche Zahlen sind.“
Auf dem Papier sind es letztendlich nur drei unterschiedliche Einstiege in das Spiel. Drei Einstiege, die sehr kurz ausfallen. Drei Einstiege, die abrupt abreißen und dann in die immer gleiche Geschichte münden. Tschüss, Rollenspiel-Individualität. Hallo Johnny!
Was ich behalte, sind ein paar einzigartige Dialogoptionen im späteren Verlauf, die mich aber nur an das vergangene Leben erinnern, das ich nie leben durfte. Daher wurde mein Traum vom Cyberpunk-Konzerner in Cyberpunk 2077 zwar begraben, aber nie komplett aufgegeben. Denn erfüllt wurde er letztlich doch noch und zwar in einem Spiel, dem ich das gar nicht zugetraut hätte: Starfield.
Starfield bietet mir den Sandkasten, den mir Cyberpunk 2077 nicht geben konnte. In Starfield spiele ich Thanera, eine Konzern-Agentin bei Ryujin Industries und einen opportunistischen Charakter, den ich in jedem anderen Spiel unbedingt aufhalten würde. Aber immer nur gut zu sein, ist doch langweilig.
Starfield schafft seine Atmosphären und Welten einzig und allein durch Details, Abläufe und Dialoge. In der Konzernwelt überleben nur die Superlative. Und in Starfield befindet sich auch der Konzern Ryujin Industries, eine der vielen Fraktionen und mein persönliches Highlight. Als Konzern-Charakter beeindruckt mich die kühl-zahlengetriebene Atmosphäre und ich spiele meine Rolle als kapitalistisches Monster zynisch und fasziniert aus.
Starfield ermöglicht es mir, meinen Traum vom Konzerner wahr werden zu lassen. Ich reise zu verschiedenen Planeten, um Unternehmen zu infiltrieren und die Konkurrenz zu sabotieren. Nach erfolgreichem Abschluss eines Auftrags treffe ich mich mit meiner Chefin zu einem Nachgespräch in ihrem Büro. Sie ist zufrieden und schließt nicht aus, dass ich irgendwann ihre Stelle haben könnte. Genau das war mein Plan von Anfang an.
Kulisse, Schauspieler, Dialoge, Details – in Starfield konnte ich meinen Traum vom Konzerner wahr machen. Es ist mir egal, ob Starfield alle Features einlöst, die es andeutet. Was Starfield mir auf jeden Fall ermöglicht, ist, dass ich meine Rollenspielphantasie als Konzerner wirklich ausleben kann.