Warum die Wissenschaft ein großes Interesse an Vogelspinnen hat, die bestimmte Körperteile nachwachsen lassen können

Einige Vogelspinnen sind zur „Regeneration“ fähig, und zwar nicht nur an ihren Beinen. Diese Entdeckung gibt Hoffnung für die Humanmedizin.
Die Arbeit wurde soeben in der amerikanischen Fachzeitschrift Pnas veröffentlicht. Deutsche und österreichische Forscher haben entdeckt, dass eine Seespinnenart, die Pycnogonide, in der Lage ist, nach einer Verletzung oder Amputation mehrere Körperteile nachwachsen zu lassen. Sie kann ein Bein vollständig regenerieren, aber auch Teile ihres Unterleibs, Eingeweide, Muskeln oder ihren Fortpflanzungsapparat. Einzige Bedingung: Sie muss jung genug sein, da diese Fähigkeit im Erwachsenenalter verloren geht. Niemand hatte mit diesem Ergebnis gerechnet, so die Autoren der Studie. Wissenschaftler hatten immer angenommen, dass Vogelspinnen nicht in der Lage sind, ihren zentralen Körperteil zu regenerieren.
Es war jedoch bereits bekannt, dass Plattwürmer oder Seeanemonen sich vollständig regenerieren können, wenn man sie in Stücke schneidet, oder dass einige Salamander, Eidechsen oder Krebse einige ihrer Gliedmaßen wieder nachwachsen lassen können. Die Entdeckung der Fähigkeit zur vollständigen Regeneration bei der Seespinne stellt die etablierten Dogmen auf den Kopf und eröffnet neue Forschungsmöglichkeiten für die Humanmedizin, da sie uns eine zusätzliche Chance gibt, die molekularen Signale zu verstehen, die die Regeneration auslösen.
Sich selbst reparieren
Wir sind noch weit davon entfernt, beim Menschen nach einer Verletzung einen Arm oder ein Bein nachwachsen zu lassen, aber es ist nicht undenkbar, wie uns Marina Shkreli, Forscherin am Institut national de la santé et de la recherche médicale (Inserm) in Nizza, erläuterte. Denn schon heute kann sich beim Menschen die Leber regenerieren und nachwachsen, der Darm teilweise auch, unser Blutsystem erneuert sich, die Haut wird wiederhergestellt.
Es ist also nicht völlig abwegig, sich vorzustellen, diesen Prozess z. B. bei den Nieren, Knorpeln, Muskeln, Augen oder Teilen der Wirbelsäule zu stimulieren. Aber natürlich könnte das noch jahrelange Forschungsarbeit erfordern, da diese zellulären Prozesse komplex sind. Die zusätzliche Schwierigkeit bei der regenerativen Medizin besteht darin, dass man parallel dazu auch Techniken finden müsste, um den Alterungsprozess zu bremsen, denn die Gemeinsamkeit zwischen Tieren und Menschen bleibt, dass die Möglichkeiten der Selbstreparatur mit zunehmendem Alter abnehmen. Es ist eine Tatsache: Von einem Sturz mit Schürfwunden und Knochenbrüchen erholt man sich mit 10 Jahren viel besser als mit 60 Jahren.